Schönes zu pflegen macht Freude, vor allem wenn Mühe und Sorgfalt Früchte trägt. Die Weinpflege ist eine besonders facettenreiche Liebhaberei. Wenn ein sachgemäß gelagerter Wein sein in ihm steckendes Potential bei Tisch voll entfaltet ist das eine Freude. Das Erleben wird noch größer, wenn man feststellt, dass ein lang gehüteter Wein sich im Laufe von vielen Jahren der Lagerung zu Höhen entwickelt hat, die die anfänglichen Erwartungen noch übertreffen. Gerade hierin liegt der tiefere Sinn eines eigenen Weinkellers.
Zunächst dient der Weinkeller als Vorrat der Weine für den täglichen Gebrauch: Ausgeruht und mit möglichst idealer Temperatur kommt der Wein vom Keller auf den Tisch. Dieser übliche Vorrat lässt sich zur eigenen Vinothek ausbauen, in der Weine nach bestimmten Themen und nach persönlicher Interessenlage gesammelt werden: z. B. Erlebnisweine aus dem Urlaub, ein Sortenkabinett von Spätburgunder- oder Rieslingweinen, europäische Spitzenweine aus Bordeaux und Burgund oder auch Weine aus den Geburtsjahren der eigenen Kinder oder Enkelkinder. Die eigene Vinothek eines Weinsammlers entwickelt somit einen ganz persönlichen Charakter. Sie enthält persönliche Lieblingsweine, die einem viel bedeuten und die man Jahrgang für Jahrgang verfolgen möchte. Die Einrichtung eines eigenen Weinkellers bedarf etwas Planung. Hierbei ist es wichtig, dass sich der Weinfreund zunächst folgende Fragen stellt:
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Folgende Angaben bieten sich zur Orientierung an, wobei sich jeder Weinfreund, der reifere oder auch jüngere Weine liebt, die Lagerzeit beliebig verlängern oder verkürzen kann: Wein- und Gerbsäure, Alkohol und Extrakt bestimmen die Lagerfähigkeit des Weines. Je höher der Anteil dieser konservierenden Inhaltsstoffe im Wein, umso länger kann er gelagert werden. Andererseits benötigt er dann auch häufig Jahre der Entwicklung, um sich in einem optimal ausbalancierten Zustand und mit einer Fülle von Aroma- und Geschmacksstoffen zu präsentieren.
Weine zum sofortigen Verbrauch
Leichte, einfachere Weiß-, Rose- und Rotweine, deren Qualität besonders durch Frische und Jugend bestimmt wird, werden „jung" getrunken. Eine lange Lagerung ist weder notwendig noch förderlich.
Weine für 1 - 2 Jahre
Diese Gruppe umfasst eine Vielzahl von Rot- und Weißweinen, die Ihren Höhepunkt bereits nach relativ kurzer Zeit erreichen, wie beispielsweise deutsche und elsässer Qualitätsweine, Weißweine aus Bordeaux, leichte Beaujolais, usw. Diese Weine besitzen häufig Frucht und Fülle, nicht jedoch die Kraft und Komplexität, die sich erst nach längerer Entwicklungszeit bei hochklassigen Weinen einstellen.
Weine für 2 - 5 Jahre
Die besten Vertreter aus der vorherigen Kategorie entfalten sich häufig erst nach 2 - 3 Jahren und gewinnen auch in den Folgejahren noch weiter an Charakter. Die wichtigsten Vertreter sind höherwertige deutsche Rieslinge und Spätburgunder der Kabinett- und Spätleseklasse, gute Crus Bourgeois des Bordeaux, viele rote Burgunder der Côte d'Or, mittelschwere Rotweine aus Frankreich, Spanien und Italien.
Langlebige Weißweine
Nur wenige Weißweine eignen sich für eine Lagerung über 5 Jahre hinaus. Hierzu zählen deutsche Rieslinge als Auslesen, Beerenauslesen und Trockenbeerenauslesen, Spitzenweine von Sauternes und Barsac sowie hochwertige Chardonnays von Burgund aus großen Jahrgängen.
Langlebige Rotweine
Weine mit einem hohen, natürlichen Gerbstoffanteil und viel Extrakt erfordern meist eine Flaschenreife von 5, 10 und mehr Jahren, bis sie Harmonie, Geschmeidigkeit und Fülle entwickelt haben. Zu dieser Gruppe gehören inzwischen dank konsequenter Qualitätsarbeit immer mehr hochklassige deutsche Rotweine wie z. Bsp. tanninreiche Lemberger, sehr gute Bordeaux Grand Cru Classé, hochwertige Burgunder und Rhône-Weine sowie Barolo und Barbaresco aus Piemont und Brunello di Montalcino aus der Toskana oder Rioja Gran Reserva.
Der Weinkeller sollte der kühlste, dunkelste und ruhigste Ort im Haus sein. Für eine optimale Lagerung liegt die Temperatur zwischen 10 - 18 °C . Dabei ist die Höhe der Temperaturschwankung innerhalb der Bandbreite nicht so wichtig, wie ihre Trägheit, Der gemächliche Temperaturwandel im Jahresverlauf unter dem Witterungseinfluss von Sommer und Winter ist erwünscht, da er den biochemischen Entwicklungsprozess des Weines auf natürliche Weise fördert. Bei völlig gleichförmigem Klima mit konstanten 10°C und hoher Feuchtigkeit erfährt der Wein keine reifestimulierenden Impulse mehr und bleibt nahezu unverändert. Schädlich für den Wein sind Temperaturen über 21 °C und wiederholt rasche oder extreme Temperaturschwankungen. Hierdurch dehnt sich der Wein in der Flasche aus und zieht sich anschließend wieder zusammen. Dieser Pumpeffekt lässt den Wein rasant altern, er wird müde, seine organische Lebenskraft erschlafft. Hochwertige Weine, die während ihrer Lebenszeit häufig umgelagert wurden, haben eine geringere Chance, ihre optimale Qualität zu entwickeln. Hinweise bei Weinversteigerungen, dass die angebotene Rarität immer in einem kühlen Keller gelagert wurde, haben ihre Berechtigung.
Wein sollte möglichst lichtgeschützt lagern, insbesondere betreffend der UV - Strahlen, denn sie bewirken eine chemische Veränderung und damit eine Schädigung des Weines.
Frische Luft ist notwendig, um Geschmacks- und Duftstoffe im Wein zu bewahren. Muffiger Kellergeruch kann sich auf den Wein übertragen und Blume und Bukett negativ verändern. Wo Wein versiert gepflegt wird sollte also weder Obst und Gemüse noch sonstige stark riechenden Dinge wie z.Bsp. Farben deponiert werden.
Die für den Wein optimale Luftfeuchtigkeit liegt zwischen 60 - 85 %. Die Erfahrung hat gezeigt, dass in feuchten Kellern das Reifen des Weines langsamer vor sich geht, der Wein an sich also keinen Schaden nimmt, die Etiketten allerdings schnell unansehnlich werden. Tipp! Diese können durch luftdichtes Einwickeln in Cellophan geschützt werden.
Wein muss liegend gelagert werden, damit der Korken nicht austrocknet und dicht bleibt. Stehend gelagert verliert der Korken bei trockener Luft schon nach 1 - 2 Monaten seine Elastizität. Durch den eindringenden Sauerstoff wird der Reifeprozess des Weines extrem beschleunigt.
Der Raum sollte möglichst nach Norden gerichtet und erschütterungsfrei von der Straße abgekehrt sein. Komplett in das Erdreich eingebaut ist die wohl beste Lösung.
Das gewünschte Weinklima lässt sich auch in vielen normalen Kellerräumen aus Beton mit baulichen Maßnahmen erreichen. Ist es zu warm, isoliert eine Dämmung gegen warme angrenzende Räume. Betonkeller sind in der Regel zu trocken. Das liegt am äusserst hohen Wasserdampf-Diffusionswiderstand bei Beton von bis zu Faktor 100 (vgl. Luft Faktor 1). Das heißt, Beton behindert die Durchleitung von Feuchtigkeit. Ist er feucht (Baufeuchte), trocknet er schlecht, ist er trocken, vermag er kaum Feuchtigkeit aufzunehmen. Im Gegenteil dazu hat Ziegel einen sehr niedrigen Wasserdampf-Diffusionswiderstand von Faktor 5. Ziegel unterstützt die Durchleitung von Feuchtigkeit, wodurch die Luftfeuchte auf nahezu konstantem Niveau gehalten wird. Bereits ein Ziegelboden ist hierfür dienlich, vielmehr noch die Vormauerung der Betonwände mit Ziegel oder Tuffstein (Wasserdampf-Diffusionswiderstand Faktor 15). Feuchtigkeit generell gelangt über die geregelte Frischluftzufuhr durch erdregistergeführte Rohre in den Weinkeller. Auch die Temperatur wird so beeinflusst. Teilweise lässt sich jedoch trotz aller Vorkehrungen eine Klimaanlage nicht immer umgehen, jedoch auf jeden Fall auf extreme Witterungslagen wie tropische Sommer beschränken.
Übersicht und Ordnung verschafft man sich am besten mit einem guten Weinregal. Das Weinregalsystem hat primär die Aufgabe der sicheren und übersichtlichen Weinlagerung. Es muss Gewicht und hoher Feuchtigkeit über Jahrzehnte verlässlich standhalten. Für den Wein an sich sind Weinregal - Ziegel mit Einzelröhren am besten. Ziegel ist der unangefochten beste Baustoff zum Ausgleichen von Klimaschwankungen und zum Erhalt von Feuchtigkeit und Kühle. In den einzelnen Röhren liegt der Wein unangetastet und dunkel bis zur Entnahme. Allerdings hat die Einzelröhrenlagerung den Nachteil der mangelnden Übersicht. Wird der Wein nicht mit Wein – Cravatten oder Fachtafeln gekennzeichnet, muss unter Umständen langwierig gesucht werden. Zudem ist der Platzbedarf bezogen auf die Lagermenge hoch. Wesentlich praktischer sind Weinregalsysteme mit größeren Fächern, die Einblick gewähren.
Letztendlich ist die Wahl des richtigen Weinregals eine Frage der individuellen Bedürfnisse und des optischen Gefallens. Ein Weinkellerbuch leistet nützliche Dienste zur Aufzeichnung von Kauf, Lagerung, Weinverbrauch und Degustationsnotizen. Bei Weinen, die längerfristig gelagert werden sollen, ist nicht nur die Herkunft wichtig, sondern auch seine Lebenserwartung. So kann das Kellerbuch ein unentbehrlicher Begleiter einer Vinothek werden, indem neben der Bestandsführung auch das Ergebnis der Probe eines Weines nach jeweils 5, 10 oder 20 Jahren dokumentiert wird.